Aus: Sterne und Weltraum 8-9/1996, S. 671–673 Seite 1   2   3


Am 11. August 1999 wird seit langem wieder einmal eine totale Sonnenfinsternis in Deutschland zu beobachten sein. Die Totalitätszone überstreicht dabei große Teile Süddeutschlands und umfaßt unter anderem die Städte Saarbrücken, Karls- ruhe, Stuttgart, Augsburg und München. Trotz der geringen Dauer der Totalität von weniger als 2 1/2 Minuten wird dieses Ereignis sowohl in astronomischen Fachkreisen wie auch in der Öffentlichkeit großes Interesse finden.
   Leider ist das Wetter in Mitteleuropa nicht sehr stabil, und klarer Himmel ist eher die Ausnahme als die Regel. Es soll daher im folgenden untersucht werden, welche Chancen aus meteorologischer Sicht zur Beobachtung der Sonnenfin- sternis bestehen. Konkrete Wettervor- hersagen für die Zeit der Sonnenfinsternis werden erst wenige Tage vor dem Ereignis möglich sein. Aber aus klimatologischen Unterlagen können doch zumindest schon die Gebiete bestimmt werden, in denen im Durchschnitt die ungestörte Beobachtung der Sonne am wahrscheinlichsten ist, sodaß eine gewisse Vorauswahl des günstigsten Standortes möglich ist. In Abhängigkeit von der tatsächlich ein- tretenden Wetterlage sind allerdings erhebliche Abweichungen von diesen mittleren Bedingungen möglich, so daß die Standortwahl unter Umständen anhand der kurzfristigen Wettervorhersage noch modifiziert werden muß.
   Als Grundlage für die Beurteilung der
  Deutschlands Wetter am 11. August

Klimatologische Bedingungen zur Beobachtung der totalen Sonnenfinsternis 1999 in Deutschland

Von G. Müller-Westermeier

Die Wahrscheinlichkeit für Sonnenschein während der totalen Sonnenfinsternis am 11. August beträgt nach den langjährigen Messungen des Deutschen Wetterdienstes in Offenbach bis zu etwa 70%. Die besten Bedingungen sind für den Oberrheingraben südlich von Bruchsal zu erwarten. Jedoch kann etwa die Hälfte aller Sonnenscheinstunden durch dünne Bewölkung beeinträchtigt sein.
Chancen zur ungestörten Beobachtung der Sonnenfinsternis stehen von klimatologi- scher Seite vor allem die Sonnenschein- messungen an den klimatologischen Stationen des Deutschen Wetterdienstes zur Verfügung.
   Dabei wird bis heute überwiegend wie schon vor hundert Jahren mit Hilfe einer Glaskugel eine Brennspur in einem Pa- pierstreifen erzeugt, der manuell ausgewer- tet wird und in stündliche Sonnenschein- dauerwerte umgesetzt wird. Es sind in- zwischen auch schon automatisch arbei- tende Sonnenscheinmeßgeräte verschiedener Art im Einsatz, wobei sowohl die Strahlungsintensität wie auch die Schärfe des Schattenwurfs als Kriterien für die Entscheidung, ob die Sonne scheint, dienen. Sie stellen aber in Anbetracht der großen Zahl von Meßstationen nur eine Minder- heit dar. Da die Sonnenfinsternis erfreuli-
 
cherweise »zur besten Sendezeit« zwischen 12 und 13 Uhr MESZ stattfindet, sind Unterschiede in der Empfindlichkeit dieser Meßgeräte, die für die gesamte tägliche, monatliche und jährliche Sonnenschein- dauer von großer Bedeutung sind, auch kaum von Belang. Insgesamt konnten Sonnenschein- meßwerte von 85 Stationen aus Süddeutschland südlich von 50 Grad Nord aus dem internationalen klimatologi- schen Referenzzeitraum 1961-90 für die Untersuchung verwendet werden.
   Betrachtet man zunächst die mittlere jährliche Sonnenscheindauer in Abhängig- keit von der Meereshöhe (Abb. 1), so findet man Werte zwischen 1360 und 1860 Stunden, was einer Wahrscheinlichkeit von Sonnenschein von 31% bis 42% entspricht. Dabei zeigen sich besonders auf den Bergen hohe Werte, während Stationen in den Niederungen

 
 
Abb. 1: Mittlere jährliche Sonnenschein- dauer in Abhängigkeit von der Meereshöhe, nach den Messungen der klimatologischen Stationen des Deutschen Wetterdienstes.   Abb. 2: Mittlere Sonnenscheindauer für den Monat August.   Abb. 3: Die Wahrscheinlichkeit für Sonnen- schein während der Totalitätsphase der Son- nenfinsternis (Stunde zwischen 11 und 12 Uhr wahre Ortszeit) liegt zwischen 45% und 70%.


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